2008-07-21

Warum das iPhone in Japan floppen könnte

Kentaro Tohyama ist stolz auf sein neues iPhone. Der 29 Jahre alte Informatiker hat die ganze Nacht angestanden, um das neueste Mobiltelefon aus dem Hause Apple in den Händen zu halten. Von seinem alten Handy wird er sich trotzdem nicht trennen.

Wie Tohyama reagierten viele Käufer vorsichtig. Das iPhone begeistert sie zwar, wirkt aber in der geschlossenen japanischen Mobilfunkwelt auf viele noch fremd. Sogar iPhone-Fans wie Tohyama ihren alten Telefone behalten, um wichtige Kontakte nicht zu verlieren. «Ich will nicht, dass meine Freunde denken, ich wär ein uncooler, kaltherziger Mensch», sagt Tohyama.

Jugendliche in Japan finden es selbstverständlich, über die Infrarotverbindung ihrer Handys Telefonnummern, E-Mail-Adressen und anderen Kontaktinformationen auszutauschen. Der Verlust dieser Möglichkeit könnte das gesellschaftliche Aus in der Dating-Szene bedeuten. Das iPhone verfügt zwar über Bluetooth, hat aber keine Infrarotschnittstelle.

Auch andere Technologien, die in Japan zum Standard gehören, fehlen dem Apple-Telefon. Beispiele sind digitale TV-Übertragungen, eine eingebaute Videokamera, Spracherkennung und die Möglichkeit der Bezahlung per Handy. Japanische Handy-Nutzer müssen sich wohl auch erst daran gewöhnen, dass für die iPhone beide Hände gebraucht werden. Japaner schreiben ihre Textbotschaften für gewöhnlich nur mit einem Daumen. Erfahrene Texter werden als «oyayubi zoku» bezeichnet, als Mitglieder des «Daumen-Stamms».

Auch das vielgepriesene Design des iPhones lässt für japanische Kunden Wünsche offen: Es fehlt ein kleines Loch, um Handyanhänger anzubringen. Was westliche Nutzer vielleicht kindisch finden, erfreut sich in Japan grosser Beliebtheit.

Es gibt also viele Gründe, warum Analysten sich nicht sicher sind, ob das iPhone in Japan die Massen begeistern wird oder als Nischenprodukt für Computerfans endet. Die bisherigen Verkaufszahlen sind schwierig einzuschätzen. Apple verkaufte nach eigenen Angaben in den ersten drei Tagen eine Million iPhones, äusserte sich aber nicht zur regionalen Verteilung. Auch der japanische Vertragspartner Softbank nannte keine Zahlen, sondern erklärte lediglich, das iPhone sei am ersten Tag ausverkauft gewesen.

Die japanischen Käufer räumen ein, dass das iPhone auch nützliche Neuerungen mit sich bringt. Tohyama beeindruckt besonders der schnelle Internetzugang. Auch japanische Handys können Webseiten darstellen, allerdings deutlich langsamer und weniger bunt als das iPhone. Videoclips wie zum Beispiel von YouTube laufen auf den japanischen Mobiltelefonen nicht, wohl aber auf dem iPhone.

«Bis ich ein iPhone hatte wusste ich gar nicht, wie beschränkt die japanischen Inhalte waren», sagt Tohyama. «Es war absolut kein globaler Standard.» Auf seine Smiley-Icons will er jedoch trotzdem nicht verzichten und darum sein altes Handy behalten. Andere neue iPhone-Besitzer habe andere Sorgen. Der 37-jährige Shunji Hagii kann gut auf seine Icons verzichten, sagt aber über sein iPhone: «Ich wünschte, die Akkuleistung wäre besser.»

Quelle

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

... selbst geschrieben ist persönlicher als gut geklaut ...