2008-04-11

Konkurrenten profitieren vom iPhone

Mit dem Erfolg des iPhones sollte eigentlich ein Verdrängungswettbewerb bei den Smartphones beginnen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Blackberry-Hersteller Research in Motion hat im vergangenen Jahr seinen Umsatz verdoppelt. Auch andere Firmen boomen.

Aus dem Stand auf Platz zwei: Das iPhone brachte es bis Ende 2007 auf 28 Prozent Marktanteil in den USA im Bereich Smartphones, berichtet der britische Marktforscher Canalys. In Europa schaffte es das Wunderhandy auf Platz fünf, immerhin vor Sony Ericsson, Samsung und Palm. Dabei war es erst seit dem 9. November 2007 und nur in drei Ländern zu kaufen.

Also ein respektabler Erfolg des Computerherstellers Apple, der sich mit dem Smartphone in ein neues Segment wagte - und den Handy-Herstellern tatsächlich Marktanteile abjagen konnte. Man sollte vermuten, dass nun der Wettbewerb zwischen den Smartphone-Herstellern tobt. Doch so ist es nicht.

Der Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) verdoppelte seinen Umsatz sogar. Im vierten Quartal des Finanzjahres 2008 setzte das kanadische Unternehmen 1,88 Milliarden US-Dollar um. Das sind nicht die zahlen eines Unternehmens unter Druck, sondern eines boomenden Herstellers: Im Vorjahresquartal war es mit 930,4 Millionen US-Dollar nur etwas weniger als die Hälfte. Jetzt könnte man vermuten, das RIM in neue Geschäftsfelder expandiert hat. Doch laut Unternehmensangaben trugen die Smartphones zu 81 Prozent zu diesem Erfolg bei.

Auch die taiwanesische High Tech Computer Corporation (HTC) konnte mit ihren Smartphones zulegen. Knapp 40 Prozent mehr Umsatz meldet HTC für das erste Quartal 2008 im Jahresvergleich. Bisher hat der Handyhersteller vor allem in Auftrag und Namen von Netzbetreibern Geräte produziert. Nun hat er das Potential der Smartphones erkannt. Mit dem HTC Touch wollen die Taiwanesen eigene Marktanteile erobern und sich als Marke etablieren. Gleichzeitig lösen sie sich aus der Umarmung von Microsoft. Die meisten Smartphones wurden bisher mit Windows Mobile ausgestattet, doch nun kooperiert HTC mit Google bei der Entwicklung des Handybetriebssystems Android.

Motorola klappt zusammen
Smartphones sind das am stärksten wachsende Segment der Mobilfunkbranche. Im vergangenen Jahr wurden weltweit laut Canalys 115 Millionen Geräte ausgeliefert. Ein Zuwachs von 60 Prozent. "Dieses Rennen ist ein Marathon", sagt Pete Cunnigham, Analyst bei der britischen Marktforschungsfirma, "aber du musst so ziemlich jede Runde im Sprinttempo absolvieren."

Einem Läufer ging bereits die Puste aus. Motorola ist der große Verlierer. Deren Klapphandys sind stylish, aber nicht smart. Immer mehr Menschen wollen unterwegs E-Mails verschicken, im Internet surfen, Musik oder Filme konsumieren. Bei Motorola brach der Umsatz Ende vergangenen Jahres um 38 Prozent ein. Im vierten Quartal schrieben die Amerikaner einen Verlust von 388 Millionen Dollar in der Handysparte.

Auf Druck einiger Investoren wird das Unternehmen aus Schaumburg in Illinois im kommenden Jahr voraussichtlich aufgespalten. Dann agieren die Handysparte und der Geschäftskundenbereich als getrennte Unternehmen. Die zweite Sparte verdient Geld mit TV-Set-top-Boxen, Kommunikationstechnik für Unternehmen und Ausrüstung für Mobilfunknetze. Es ist ein erstaunlicher Schritt. Anstatt zum Sprint anzusetzen und bei den Smartphones nachzulegen, wird die Handysparte einfach links liegen gelassen.

Die anderen großen Wettbewerber wollen vom iPhone-Erfolg profitieren und legen nach. Schaut man sich den Blackberry 9000 (bisher ein Erlkönig, dessen Gestalt und Leistungsdaten von RIM nicht bestätigt werden), Samsungs Instinct oder Nokias Tube an, weisen sie alle große Ähnlichkeit zum Apple-Handy auf. Auch mit diesen Smartphones soll man besser im Internet surfen können und angenehmer Filme und Musik genießen können.

Schließlich hat das iPhone dem mobilen Internet zum Durchbruch verholfen - zumindest in den USA. Das Datenvolumen im Netz von AT&T hat sich in Städten wie New York oder San Francisco seit der iPhone-Einführung verdreifacht, berichtete "Wired". Laut einer Erhebung von M:Metrics surfen 85 Prozent der iPhone-Besitzer im Internet. Der Durchschnitt bei Smartphone-Nutzern liegt 26 Prozentpunkte niedriger - der Marktdurchschnitt liegt bei 13 Prozent.

Google ist der Gewinner
Noch erstaunlicher sind die Verhältnisse bei Videos. YouTube wird nach der M:Metrics-Befragung von 30 Prozent der iPhone-Besitzer genutzt. Der Marktdurchschnitt liegt bei einem Prozent. Die Suche nach Adressen mit Google-Maps verwenden 36 Prozent der iPhone-Nutzer, aber nur 2,6 Prozent der übrigen Handybesitzer. Google ist ein Gewinner des iPhone-Hypes. Die Suchmaschine verzeichnet seit der Einführung deutlich mehr Zugriffe. Zum einen ist man mit dem iPhone überall online und zum anderen ist Google die voreingestellte Suchmaschine.

Doch die Zahlen sind überwältigend: Bis zu 50 Mal mehr Suchanfragen würden per iPhone gemacht als mit jedem anderen mobilen Gerät, berichtet Vic Gundotra, Vice President Google Engineering, in der "Financial Times". Die Daten laufen in Deutschland über das Edge-Netz von T-Mobile. Die Datentechnik gilt als Generation 2,5 im Mobilfunk, sie bündelt mehrere herkömmliche Handy-Kanäle, um eine größere Bandbreite zu erreichen.

Quelle

Spannender wird der mobile Zugriff auf Daten und Medien mit der dritten Mobilfunkgeneration. Mit UMTS Breitband erreichen die Übertragungsraten Megabit-Geschwindigkeit. In Blogs wird derzeit viel spekuliert, wann das UMTS-iPhone auf den Markt kommt. Der amerikanische Technikjournalist Walt Mossberg hat in einem Video einen Termin im Juni angesprochen. Das würde passen. Steve Jobs könnte auf der Entwicklerkonferenz in San Francisco (9. bis 13. Juni) seinen großen Auftritt haben. Bis Ende Juni soll die Softwareversion 2.0 für das iPhone erhältlich sein.

Damit öffnet sich Apple fremden Entwicklern – ein Paradigmenwechsel in der Firmengeschichte. Gleichzeitig ist Ende Juni der erste Geburtstag des iPhones. Wenn dann bereits eine UMTS-Version auf dem Markt wäre, war das eine Runde im Sprinttempo.

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